Der Charyn Canyon im Südosten Kaschstans wird auch häufig mit dem Grand Canyon in den USA verglichen. Er ist zwar wesentlich kleiner aber seine ähnlich bizarr geformten Felsen ähneln tatsächlich dem „großen Bruder“. Am besten man bleibt nach einer Wanderung hier auch noch für die ganze Nacht.
Kasachstan ist hierzulande noch ein wenig bekanntes Reiseziel. Dabei gibt es hier so viel zu entdecken. Das auch ein mächtiger Canyon dazu gehört, mag wahrscheinlich noch wenigeren bekannt sein.
Im Südosten von Kasachstan liegt der Charyn Nationalpark (auch unter der Schreibweise Scharyn bekannt). Diese Schlucht ist etwa 150km lang und befindet sich in den Provinz Almaty, nur wenige Kilometer von der Grenze zu China entfernt. Von der größten Stadt des Landes, Almaty, muss man gut 200km fahren um hierher zu gelangen.
Ein Besuch im Charyn Canyon gehört zu den Highlights in der Almaty-Region
Der Charyn-Fluss schnitt den malerischen Canyon in die wildromantische Landschaft Kasachstans ein. Heute ist er zwar immer noch ein reißender Fluss, aber bei weiten nicht mehr so tief. Dank der Trockenheit kann man heute große Teile des Canyons durchwandern.
Das „Tal der Burgen“ (Dolina Zamkov) ist der wohl atemberaubendste und beliebteste Abschnitt des Canyons. Auf einer Länge von etwas mehr als 2km entstanden im Laufe der Jahrtausende spektakulläre Skulpturen aus dem rotbraunen Gestein. Dass manche von ihnen an alte Burgen, Schlösser und Türme erinnern, führte auch zu diesem ungewöhnlichen Namen.
Wer hier kommt, sollte keinen wirklichen „Grand Canyon“ erwarten. Dafür ist das Areal verglichen mit den USA einfach viel zu klein. Aber optisch kommt er schon nah an das amerikanische Vorbild ran. Wunderschön anzusehen ist er auf jeden Fall und hat sich den Spitznamen „kleiner Bruder des Grand Canyons“ redlich verdient.
Auf dem Weg zum Charyn Canyon
Der Weg zu Kasachstans wilder Schönheit ist lang. Der Charyn Canyon liegt nämlich mitten im Nichts!
Die meisten Tagesgäste kommen aus Almaty hier her. Gut 2-3 Stunden benötigt man für die 200km Entfernung. Wo man zunächst noch das spannende Treiben am Straßenrand kleinerer Städte und Dörfer anschauen kann, wird die Landschaft im Laufe der Fahrt monotoner aber weniger aufregend.
Man durchquert die ersten Minicanyons, rechts und links scheint die trockene Landschaft kein Ende zu nehmen. Hier und dort entdeckt man Kamele oder auch Hirten mit ihrer Schafsherde. Besonders das letzte Stück – was bald mit einer neugebauten Straße glänzen soll – scheint kein Ende zu nehmen. Mehr als 20km geht es nur noch geradeaus!
Wenn man fast schon meint sich verfahren zu haben, wird die Fahrt überraschend durch eine Schranke aufgehalten. Hier mitten im Nirgendwo steht das Kassenhäuschen für den Charyn Nationalpark. Der Eintritt kostet nur wenige Euro. Der Mitarbeiter in seiner kleinen Hütte muss wohl einen der einsamsten Arbeitsplätze der Welt haben ;).
Wanderschuhe an und los!
Theoretisch könnte man nun auch mit seinem Auto durch den 2km langen „Tal der Burgen“-Abschnitt fahren. Dafür wäre noch nicht einmal ein 4-Rad-Antrieb notwendig. Da das aber so viel von dem Zauber des Ortes nimmt, stellen wir das Auto auf dem Parkplatz ab.
Von hier oben hat man den wahrscheinlich besten Blick in den Charyn Canyon. Bis zu 300m tief guckt man von hier aus in den Abgrund. Da es hier nirgendwo Sicherungen und auch nur vereinzelt aufgestellte Hinweisschilder gibt, sollte man sich bei all der Schönheit dem Rand nicht zu sehr nähen. Eine kleine Windböe konnte sonst dramatische Folgen haben.
Wir packen unsere Rucksäcke, schnüren die Wanderschuhe zu und beschließen das Auto für die Nacht hier stehen zu lassen. Voll motiviert suchen wir den besten Platz um in den Canyon abzusteigen. Am einfachsten ginge das wahrscheinlich über die Zufahrt, die auch ein Auto nehmen könnte. Weil das aber zu weit von unserer derzeitigen Position entfernt ist, entscheiden wir uns für den direkten Weg.
Auf dem ersten Weg, den wir auswählen, kommen wir nicht weit. Zwei Arbeiter warnen uns, dass es hier wohl vor kurzem zu einem Unfall gekommen ist. Das Risiko wollen wir besser nicht eingehen und entscheiden uns für den Weg, der extra für Fußgänger ausgezeichnet ist. Was erst aussieht wie eine sichere Sache, wird schnell zu Kletterpartie. Doch mit ein bißchen Schwitzen, Rutschen und Hoffen, kommen wir schließlich heil am Boden des Canyons an.
Ein Muss: Übernachten im Charyn Canyon Eco Park
Unser Ziel ist der Eco Park am Ende des Canyons. Hier am Ufer des wilden Charyn Flusses hat man die Möglichkeit die Nacht zu verbringen. Gut 3km Fußmarsch liegen vor uns.
Die Wanderung gestaltet sich leichter als gedacht. Der Weg ist breit, nur einmal begegnet uns ein Jeep. Ansonsten haben wir den ganzen Canyon für uns. Bis zum Fluss Charyn geht es durchweg leicht bergab. Eine Wohltat, die wir aber auf dem Rückweg spüren werden.
Die 4km dauern länger als gedacht. Dies liegt jedoch nicht an unserer Kondition, sondern an häufigen Fotostops. Zu malerisch sind die Felsen, die Aussicht und das Gefühl der Wildnis. Ein absolutes Highlight auf unserer Kasachstan-Reise.
Kurz bevor die Sonne untergeht erreichen wir den Eco Park. Hier kann man je nach Budget und Geschmack entweder mit dem eigenen Zelt campieren, in einer Jurte schlafen oder in einer Holzhütte unterkommen. Wir entscheiden uns für die komfortabelste Variante und beziehen einen der hübschen Bungalows.
Das Gefühl hier mitten im Canyon zu sein ist traumhaft! Die gigantischen Felswände lassen einen selbst so klein wirken. Am schönsten wird es beim Sonnenuntergang, der die rotbraunen Felsen in den verschiedensten Farben erleuchten lässt.
Als kleine Stärkung nach der Wanderung essen wir im hauseigenen Restaurant zu Abend. Da zur Zeit wenige Touristen hier sind, gibt es die meisten Gerichte auf der Karte nicht. Eigentlich gibt es nur Plov – ein zentralasiatischer Reistopf. Passt perfekt zu diesem Tag.
Bevor es zu Bett geht, wird noch der Sternenhimmel beobachtet. Keine Wolke am Himmel und die ganze Milchstraße ist zu sehen. Wenn das mal keine romantische Atmosphäre ist! Eine chinesisches Bier des grenznahen Nachbarns rundet das ganze ab.
Ein Besuch hier ohne Übernachtung wäre nicht das gleiche. Daher plant genügend Zeit für euren Abstecher ein!
Der Charyn Canyon ist einer dieser magischen Orte in Kasachstan
Am nächsten Morgen geht es zurück zum Auto. Wie bereits erwartet nun aber stetig bergauf :(.
Doch nachdem wir den letzten Aufstieg zum Parkplatz gemeistert haben, zieht es der weite Blick über die Schlucht direkt wieder in ihren Bann. Ein magischer Ort in Kasachstan, den man unbedingt gesehen haben sollte und dem man vor allem genügend Zeit geben muss, damit er auf einen wirken kann.
Am einfachsten erreicht ihr den Charyn Canyon übrigens von Almaty mit dem eigenen Mietwagen. Wer mit geringerem Budget unterwegs ist oder einfach nicht selber fahren will, kann sich auch einer Tour anschließen.
Empfohlener Kasachstan-Reiseführer
- Dagmar Schreiber (Autor)
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